Nordische Mythen Wiki
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Name: Sigurdarkviða Fafnisbana thridja
Übersetzung: Das dritte Lied von Sigurad dem Fafnirstödter
Weitere Namen: Sigurdharkvidha Fafnisbana thridhja
Edda: Lieder-Edda
Kapitel: Heldenlieder
Übersetzung von: Simrock
Vorgänger: Brot af Brynhildarkviða
Nachfolger: Helreið Brynhildar

Dichtung[]

1
Einst geschahs, daß Sigurd   Giuki besuchen kam,
Der junge Wölsung,   des Wurms Besieger.
Mit beiden Brüdern   schloß er den Bund;
Eide schwuren sich   die Unverzagten.

2
Eine Maid bot man ihm   und Menge des Schatzes,
Die junge Gudrun,   Giukis Tochter.
Traulich tranken   der Tage manchen
Sigurd der junge   und die Söhne Giukis

3
Bis sie um Brynhild   zu bitten fuhren,
Da sich auch Sigurd   gesellte zu ihnen,
Der junge Wölsung,   den Weg zu zeigen;
Sein wäre sie, wenn es   das Schicksal wollte.

4
Sigurd der südliche   sein Schwert legt’ er,
Die zierliche Waffe,   mitten zwischen sie.
Er küsste nicht   die Königin,
Der hunische Held   hob in den Arm sie nicht;
Dem Erben Giukis   gab er die junge.

5
An seinem Leben   lag kein Tadel,
Zu rügen war   an dem Reinen nichts,
Kein Fehl zu finden   noch vorzugeben.
Inmittels gingen   grimme Nornen.

6
Einsam saß sie außen,   wenn der Abend kam,
Irr vor Liebe   ließ sie die Rede nicht:
„Sterben will ich   oder Sigurd hegen,
Den alljungen Mann,   in meinem Arm.

7
Die rasche Rede,   nun reut sie mich wieder:
Seine Gattin ist Gudrun,   da ich Gunnars bin.
Üble Nornen schufen uns   langes Unheil.“

8
Oft ging sie, ganz   von Grimm erfüllt,
Über Eis und Gletscher,   wenn der Abend kam,
Daß Er und Gudrun   zu Bette gingen
Und Sigurd die Braut   in die Decken barg,
Der hunische König,   und kos’te der Frau.

9
„Die Freud ist mir entfremdet,   des Freunds entbehr ich,
Nur Graun mag mich ergetzen   und grimmer Sinn.“

10
So mahnte sie den Muth   zum Mord im Zorn:
„Ganz und gar   sollst du, Gunnar, entsagen
Mir zumal   und meinen Landen.
Nicht froh hinfort,   werd ich, Fürst, bei dir.

11
„Dahin will ich wieder   wo ich war zuvor,
Zu meinen Freunden   und nächsten Vettern.
Da will ich sitzen,   verschlafen mein Leben,
So du den Sigurd   nicht sterben läßest
Und vielen Fürsten   furchtbar gebietest.

12
„Fort mit dem Vater   fahre der Sohn:
Unweise wär es   den jungen Wolf ziehn.
Welchem Manne   wird die Mordbuße
Zu sanfter Sühne   bei des Sohnes Leben?“

13
Trübe ward Gunnar   und trauervoll,
Schwankendes Sinnes   saß er den langen Tag:
Immer noch wust er   nicht für gewiss
Was ihm am Meisten   möchte geziemen,
Was ihm zu thun   das Tauglichste wäre:
Er wuste, des Wölsungs   würd er beraubt,
Und konnte Sigurds   Verlust nicht verschmerzen.

14
Gleich lange bedacht er   dieses wie jenes.
Das war selten   geschehen vordem,
Daß der Königswürde   ein Weib entsagte.
Da hieß er den Högni   heischen zum Gespräch,
Denn volles Vertrauen   trug er zu dem.

Gunnar.
15
Mir ist Brynhild,   Budlis Tochter,
Lieber als alle,   die edelste Frau.
Das Leben lieber   will ich laßen
Als der Schönen entsagen   und ihren Schätzen.

16
Hilfst du uns, Högni,   den Helden berauben?
Gut ist des Rheines   Gold zu besitzen,
In Freude zu walten   des vielen Gutes
Und ganz in Ruhe   des Glücks zu genießen. —

17
Aber Högni   gab ihm zur Antwort:
„Das zu vollbringen   gebührt uns nicht:
Mit dem Schwert zu brechen   geschworne Eide,
Geschworne Eide,   besiegelte Treu!

18
„Wir wißen auf der Welt   nicht so Glückliche wohnen
So lange wir Viere   das Volk beherschen
Und hier der hunische   Heerführer lebt,
Noch irgend auf Erden   so edle Sippe.
Wenn ferner wir fünf   noch Fürsten zeugten,
Wir stürzten die Götter   von den Herscherstühlen.

19
„Ich weiß von wannen   die Wege laufen:
Brynhild quält dich:   du kannst sie nicht stillen.“

Gunnar.
20
Wir wollen den Guthorm   gewinnen zum Morde,
Den jüngern Bruder,   der bar ist des Witzes:
Er hat nicht Antheil   an Eiden und Schwüren,
Eiden und Schwüren,   besiegelter Treu. —

21
Leicht aufzureizen   war der Übermüthige:
Da stand dem Sigurd   der Stahl im Herzen.

22
Rasch hob sich der Recke   zur Rache im Saal
Und warf den Geer   nach dem Mordgierigen:
Nach Guthorm flog,   dem Fürsten, kräftig
Das glänzende Eisen   aus des Edlings Hand.

23
Entzweigespaltet   sank sein Feind:
Haupt und Hände   hinflogen weit,
Der Füße Theil fiel   flach auf den Boden.

24
Gudrun lag,   die Gute, schlafend
An Sigurds Seite   sorgenlos;
Ihr Erwachen war   der Wonne ledig:
Sie floß in Freyrs   Freundes Blut.

25
Da schlug sie so stark   zusammen die Hände,
Der Hartgeherzte   erhob im Bette sich:
„Gräme dich, Gudrun,   so grimmig nicht,
Blutjunge Braut:   deine Brüder leben.

26
„Einen Erben hab ich,   allzujungen
Fern zu fliehn   aus der Feinde Haus.
Die Helden haben   unheimlichen, schwarzen
Neumondsrath   nächtlich erdacht.

27
„Ihnen zeltet schwerlich nun,   und zeugtest du sieben,
Solch ein Schwester-   sohn zum Thing.
Wohl weiß ich   wie es bewandt ist:
Alle des Unheils   Ursach ist Brynhild.

28
„Mich liebte die Maid   vor den Männern all;
Nichts hab ich gegen   Gunnarn gethan.
Ich schirmte die Sippe,   geschworne Eide;
Doch heiß ich der Friedel   nun seiner Frau.“

29
Die Königin stöhnte,   der König erstarb.
Sie schlug so stark   zusammen die Hände,
Daß auf dem Brette   die Becher erklangen,
Und hell die Gänse   im Hofe kreischten.

30
Da lachte Brynhild,   Budlis Tochter,
Aus ganzem Herzen   heute noch einmal,
Denn bis an ihr Bette   durchbrach den Raum
Der gellende Schrei   der Giukistochter.

31
Anhub da Gunnar,   der Habichte Fürst:
„Schlag kein Gelächter auf,   Schadenfrohe,
Heiter in der Halle   als brächt es dir Heil.
Wie hast du verloren   die lautere Farbe,
Verderbenstifterin,   die selbst wohl verdirbt!

32
„Du wärest würdig,   Weib, daß wir hier
Dir vor den Augen   den Atli erschlügen,
Daß du sähst an dem Bruder   blutige Wunden,
Quellende Wunden   du könntest verbinden.“

33
Da sprach Brynhild,   Budlis Tochter:
„Wer reizt dich, Gunnar?   gerochen hast du dich.
Den Atli ängstet   deine Abgunst nicht:
Er wird am längsten   leben von euch beiden
Und immer mehr   vermögen als du.

34
(„Laß dir sagen, Gunnar,   du selber zwar weist es,
Wie rasch ihr euch, Recken,   beriethet zur That.
Alljung saß ich   und ohne Sorgen
Mit herlicher Habe   im Hause des Bruders.

35
„Nicht war mir Noth,   daß ein Mann mich nähme,
Als ihr Söhne Giukis   uns erschient im Hof,
Auf Hengsten ihr drei   Herscher der Völker;
Wahrlich mir frommte   wenig die Fahrt!

36
„Verheißen hatt ich mich   dem hehren König,
Der mit Golde saß   auf Granis Rücken.
Nicht war er euch   an den Augen gleich,
Nicht von Antlitz   in Einem Stücke,
Obwohl Volkskönige   euch wähnet auch Ihr.

37
„Doch sagte Atli   mir das allein,
Er gebe die Hälfte   der Habe mir nicht,
Der Macht noch des Goldes,   vermählt denn wär ich.
Auch würde mir nichts   des erworbenen Guts,
Das schon der Vater   früh mir schenkte,
Des Goldes und Gutes,   das er gab dem Kind.

38
„Da schwankte mein Sinn   unentschieden zuerst
Ob ich fechten sollte   und Männer fällen
In blanker Brünne   um des Bruders Unglimpf.
Das hätte das Volk   erfahren mit Schrecken,
Manchem Mann hätt es   den Muth beschwert.

39
„Da ging ich gern   den Vergleich mit ihm ein.
Doch hätt ich lieber   den Hort genommen,
Die rothen Spangen   von Sigmunds Erben.
Nicht mocht ich eines andern   Mannes Schätze:
Den Einen liebt’ ich,   nicht Andre mehr;
Die Maid war nicht wankel-   müthigen Sinns.)

40
„Dieß Alles wird Atli   dereinst befinden,
Hört er von meinem   mordlichen Tod.
Denn wie soll ein edel   geartetes Weib
Das Leben führen   mit fremdem Manne?
Da wird mir bald   gebüßt das Leid.“

41
Auf stand Gunnar,   der Giukunge Trost,
Und schlang die Hände   um den Hals der Frau.
Sie gingen alle   und einzeln ein jeder
Aufrichtigen Herzens   ihr abzuwehren.

42
Doch sich vom Halse   hielt sie Gunnarn,
Ließ sich Niemand verleiden   den langen Gang.

43
Da hieß er den Högni   heischen zum Gespräche:
„Es sollen zusammen   in den Saal gehn die Männer,
Deine mit meinen — uns drängt die Noth —
Ob sie wehren mögen   dem Mord der Frau
Eh es vom Sprechen   zu Schlimmerm kommt;
Mag hernach geschehen   was muß und kann.“

44
Aber Högni   gab ihm zur Antwort:
„Verleid ihr Niemand   den langen Gang
Und werde sie nimmer   wiedergeboren!
Sie kam schon krank   vor die Kniee der Mutter;
Zu allem Bösen   geboren ist sie uns,
Manchem Manne   zu trübem Muthe!“

45
Unwillig wandt er   sich weg vom Gespräche,
Wo die Schmuckreiche   die Schätze vertheilte.
Da standen sie alle   um ihre Habe,
Bedürftige Dirnen   und Dienstweiber.

46
Der goldgepanzerten   war nicht gut zu Muth,
Da sie sich durchstach   mit des Stahles Schärfe.
Mit Einer Seite   sank sie aufs Polster;
Die dolchdurchdrungene   dacht auf Rath:

47
„Nun geht herzu,   die Gold wollen
Und minderes Gut   von Mir erlangen;
Ich gebe Jeder   goldrothen Halsschmuck,
Schleif und Schleier   und schimmernd Gewand.“

48
Alle schwiegen sie   und sannen auf Rath
Bis endlich zur Antwort   sie einstimmig gaben:
„Wie dürftig wir seien,   wir wollen doch leben,
Saalweiber bleiben   und thun was gebührt.“

49
Sinnend sprach   die linnengeschmückte
Jung von Jahren   jetzo das Wort:
„Nicht eine soll ungern   und unbereit
Sterben müßen   um meinetwillen.

50
„Doch brennt auf euern   Gebeinen dereinst
Karge Zier,   kommt ihr zu sterben
Und mich heimzusuchen,   nicht herliches Gut.

51
„Sitze nun, Gunnar,   ich will dir sagen,
Ich lebensmüde,   dein lichtes Gemahl.
Nicht liegt euch im Sunde   das Schiff geborgen,
Ob Ich das Leben   verloren habe.

52
„Schneller als du denkst   versöhnt sich dir Gudrun.
Die kluge Königin   hat bei dem König (Alf)
Trübe Gedanken   an den todten Gemahl.

53
„Eine Maid wird geboren   aus Mutterschooße:
Heller traun   als der lichte Tag,
Als der Sonnenstral   wird Swanhild sein.

54
„Einem Helden geben   wirst du Gudrunen,
Die mit Geschoßen   die Krieger schädigt.
Nicht nach Wunsch   wird sie vermählt:
Atli soll sie   zur Ehe nehmen,
Budlis Geborner,   der Bruder mein.

55
„An Manches muß ich denken   wie ihr mich beriethet:
Heillos habt ihr   mich hintergangen.
Aller Lust war ich ledig   solang ich lebte.

56
Oddrunen willst du   zu eigen haben;
Aber Atli giebt sie   zur Ehe dir nicht:
Da werdet ihr heimlich   zusammenhalten.
Sie wird dich lieben,   wie ich dich würde,
Hätte das Schicksal   uns Solches gegönnt.

57
„Dich wird Atli   übel strafen:
In die wüste Wurmhöhle   wirst du gelegt.

58
„Darnach unlange   eräugnet es sich,
Daß Atli argen   Ausgang nimmt,
Sein Glück verliert,   das Leben einbüßt.
Ihn tödtet die grimme   Gudrun im Bette
Mit scharfem Schwert,   die schwerbetrübte.

59
„Schicklicher stiege   eure Schwester Gudrun
Heut auf den Holzstoß   mit dem Herrn und Gemahl,
Gäben ihr gute   Geister den Rath
Oder besäße sie   unsern Sinn.

60
„Schwer sprech ich schon;   doch soll Gudrun
Durch unsre Abgunst   nicht untergehn.
Von hohen Wellen   gehoben treibt sie
Zu jenem jähen   Jonakursstrand.

61
„Unentschieden sind   die Söhne Jonakurs;
Swanhilden sendet   sie selbst aus dem Lande,
Die dem Sigurd entsproß   und Ihrem Schooß;
Da rauben ihr Bickis   Räthe das Leben,
Denn Unheil hängt   über Jörmunreks Haus.
So ist Sigurds   Geschlecht vernichtet,
So größer und grimmer   Gudruns Leid.

62
„Eine Bitte   bitten will ich dich;
Ich laß es im Leben   die letzte sein:
Eine breite Burg   erbau auf dem Felde,
Daß darauf uns   Allen Raum sei,
Die samt Sigurden   zu sterben kamen.

63
„Die Burg umzieht   mit Zelten und Schilden,
Erlesnem Geleit   und Leichengewand,
Und brennt mir den Hunen-   Gebieter zur Seite.

64
„Dem Hunengebieter   brennt zur Seite
Meine Knechte mit kostbaren   Ketten geschmückt:
Zwei ihm zu Häupten   und zwei zu den Füßen,
Dazu zwei Hunde   und der Habichte zwei.
Also ist Alles   eben vertheilt.

65
„Bei uns blinke   das beißende Schwert,
Das ringgezierte,   so zwischen gelegt
Wie da wir beiden   ein Bette bestiegen
Und man uns nannte   mit ehlichem Namen.

66
„So fällt dem Fürsten   auf die Ferse nicht
Die Pforte des Saals,   die goldgeschmückte,
Wenn auf dem Fuß ihm folgt   mein Leichengefolge.
Unsere Fahrt   wird nicht ärmlich sein.

67
„Ihm folgen mit mir   der Mägde fünf,
Dazu acht Knechte   edeln Geschlechts,
Meine Milchbrüder   mit mir erwachsen,
Die seinem Kinde   Budli geschenkt.

68
„Manches sprach ich;   mehr noch sagt' ich,
Gönnte zur Rede   der Gott mir Raum.
Die Stimme versagt,   die Wunden schwellen;
Die Wahrheit sagt ich,   so gewiss ich sterbe.“

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