Nordische Mythen Wiki
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Zugehörigkeit: Neun Welten


Hel ist eine der Neun Welten und die Welt der Toten. Ihr Name bezeichnet gleichzeitig auch die dort lebende Göttin Hel.

Beschreibung[]

Hel bezeichnet die unterirdische Totenwelt, die unter den Wurzeln der Weltenesche Yggdrasil liegt und nur über den Todesfluss Gjöll erreicht werden kann. Die Brücke über den Fluss wird von der Riesin Modgudr bewacht. Über diese Brücke gehen und reiten die toten Seelen und von ihr aus führt auch der Weg zur Burg der Hel. Der Eingang wird vom Höllenhund Garm bewacht, der alle einlässt, doch niemanden wieder hinaus. Neben dem Hund sitzt der Hahn Fialar. Am jüngsten Tag, wenn die Hähne die Götter und Riesen zum Kampf rufen, kräht auch er und weckt die Toten.

Die Burg beherrbergt große Säle, die niemals von einem Sonnenstrahl erreicht werden, der Eingang zeigt in den unwirtlichen Norden. Die Wäde sind aus Schlangen gebildet, durch das Rauchrohr im Dach fließt giftiger Regen. Um die Burg herum befinden sich wilde Ströme, durch die Vergewaltiger und Mörder waten müssen.

Religion[]

Ursprünglich war Hel kein Ort der Bestrafung, es war die Welt, in die alle Toten kamen, sofern sie nicht als gefallene Krieger auf dem Schlachtfeld endeten und nach Walhalla oder Folkwang kamen, wo sie sich auf Ragnarok vorbereiteten. Erst später, unter dem Einfluss des Christentums, entstand die Vorstellung von einem Ort der Bestrafung für das Böse, besonders für Lügner und Mörder.

Die späte literarische Darstellung von Hel wurde durch antike griechische Mythologie verzerrt.

Deutung[]

Das Reich der Hel ist mit einem Megalithgrab zu vergleichen. Die Totenkammer lag im Norden, von Süden kam der lebende Besucher des Toten in die Kammer. Wer einmal in einem solchen Megalithgrab gewesen ist, wird keine Probleme mehr haben, sich die Hel vorzustellen. Es ist muffig, dunkel und je nach Jahreszeit kühl oder warm. Meistens geht von diesen Plätzen eine starke Energie aus, welche sich als beschützend bezeichnen ließe.

Weiters sind für die Toten zuständig: Odin, als Herrscher über Walhall und die gefallenen Krieger, Freyja, als Herrscherin über Folkvang und die gefallenen Kriegerinnen, wie viele andere Frauen, so zum Beispiel der Kräuterkundigen und die Göttin Ran, welche über das Meer herrscht und die Ertrunkenen in dessen Tiefe empfängt.

Jan de Vries schreibt in seiner altgermanischen Religionsgeschichte:

... Die düstere Grabstätte ist eine Totenhalle; sie heißt Hel, ein Wort, das "die Verhehlende, die Verhüllende" bedeutet. Im Laufe der kulturellen Entwicklung erweitert sich der Begriff zu einem Totenreich, und dessen Herrscherin heißt ebenfalls Hel, ein Wesen, dem dämonische Züge anhaften, das aber doch auch mit einer gewissen Ehrfurcht beschrieben werden kann.

Gerade die Vorstellung einer allgemeinen Totenwelt ist in der Poesie vorherrschend. Die Vorstellung der "Hölle" als Aufenthaltsort der Toten (und nicht als Stätte der Strafe) ist auch nach der Bekehrung bewahrt geblieben: noch 915, nach dem großen Siege der Sachsen über die Franken, soll ein Spielmann gesungen haben: wo gibt es eine so große Hölle, die so viele Erschlagene aufnehmen könnte?

Fürchterliche Flüsse, die mit gräßlichem Lärm rauschen, strömen um sie herum, wie Valglaumnir oder Gjöll; eine jüngere, von christlicher Visionsliteratur beeinflußte Vorstellung findet sich in Strophe 36 der Völuspa, die den mit Messern und Schwertern sich fortwälzenden Fluß Slidr nennt, womit der von Speeren wimmelnde Fluß Geirvimul in Strophe 27 des Grimnismal verglichen werden kann.

Auch Saxo berichtet, daß in dem dunklen Todesfluß vielerlei Waffen treiben.

Über den Fluß Gjöll führt eine Brücke, die Gjallarbru, die vielleicht durch mehrere Zwischenstufen auf die persische Zinvatbrücke zurückgeht, aber doch so beschrieben wird, daß einheimische Elemente dabei zutage treten: sie ist nicht messerscharf wie die Brücken der mittelalterlichen Visionen, sondern breit und mit glitzerndem Golde beschlagen. Modgudr heißt die Magd, die diese Brücke bewacht.

Der aus arischer und griechischer Mythologie bekannte Höllenhund steht auch am Eingang der germanischen Hölle, in Strophe 23 von Balders draumar wird er mit bluttriefender Brust beschrieben und bedroht sogar Odin. Ist man an der Brücke vorbei, so kommt man vor eine Einhegung, die helgrind, nigrund oder valgrind. Der lebende Held Hermodur muß darüber hinweg springen, aber für die Toten öffnet sich das Tor (hnigin er helgrind im Hervorlied). Schnell muß man aber hindurchschlüpfen, sonst fallen einem die Türflügel auf die Fersen; deshalb kommt auch der Held mit einem großen Gefolge.

Der Einfluß von christlich-mittelalterlichen Vorstellungen verrät aber wohl die Erzählung der Gylfaginning, daß die Halle Eljüdnir, die Schüssel Hunger, der Knecht Faulenzer, die Schwelle Schmerz, Bett Krankheit und das Bettuch Blasses Unglück heißt; solche Allegorisierungen gehören nicht zum heidnischen Stil und kommen in der Poesie auch erst im 13. Jh. vor.

Das Leben der Toten wird als ein sehr elendes bezeichnet. Die Völva in ihrem Grabe sagt, als sie von Odin aus ihrem Todesschlaf geweckt wird, dass sie von Schnee und Regen gepeitscht und von Tau durchnäßt ist. ...

Zuweilen wird Hel auch mit schmückendem Epitheton Niflhel genannt. Wenn aber der Riese sagt: Neun Welten habe ich bis zu Niflhel besucht (niu kom ek heima fyr Niflhel nedan), dorthin sterben die Menschen aus der Hel, so scheint es, als ob die Niflhel eine noch tiefere und noch finstere Totenwelt darstellen soll.

Snorri hat die Stelle so aufgefaßt, dass Niflhel die neunte Welt unter der Erde ist. Es ist leicht verständlich, daß das nebeneinander Vorkommen von zwei Bezeichnungen für die Unterwelt zu einer Differenzierung den Anlaß geboten hat, wobei vielleicht die christliche Vorstellung der Hölle als Strafstätte für Sünder die Niflhel immer mit schwärzeren Farben ausgemalt hat.

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